Züchten - eine kleine Einführung

Was ist denn schon am Züchten von Kaninchen schwierig, wird sich der unbedarfte Leser hier fragen. Man nehme die Häsin, lasse diese eben mal decken und schon hat man jede Menge an Jungtieren. Schließlich sind Kaninchen recht frohwüchsig und vermehrungsfreudig. Nun ganz so einfach ist es dann doch nicht.

Ein Züchter – und dazu gehören nicht nur die Kaninchenzüchter sondern auch diejeniegen von Katzen, Hunden, Schweinen, Pferden usw. - versteht unter den Begriff Züchten eine zielbewusste Auswahl der Zuchttiere mit den besten Eigenschaften. Mit der Zuchtwahl sollen die Vorzüge der Eltern an die Nachkommen weitergegeben und gefestigt, etwaige Nachteile und Mängel zurückgedrängt werden. Nur so wird erreicht, dass die Nachkommen besser und wertvoller als die Ausgangstiere werden. Dabei ist nicht die herausragende Leistung einzelner Individuen erstrebenswert (erfahrene Züchter sprechen hier von Blendern), sondern die Sicherheit der Vererbung einer höheren Leistungsfähigkeit bei vielen Nachkommen. Züchten ist also eine planvolle Auslese der wertvollsten Tiere für die Zucht, um immer bessere Nachkommen zu erzielen. Zucht setzt somit eine gezielte Selektion zu den gesetzten Zielen voraus. Nicht jedes Tier ist dementsprechend zur Zucht geeignet. Das sich Zuchtziele nicht mit rasselosen Tieren erreichen lassen, ist aus meiner Sicht nur logisch. Die wesentlichen Zuchtziele werden von der Dachorganisation, dem ZDRK, im Standard für Rassekaninchen vorgegeben. Hier sind für alle Rassen und Farbenschläge die Idealvorstellungen an das Erscheinungsbild des Tieres beschrieben. Daneben gibt es natürlich auch noch die genetischen Eigenschaften zu berücksichtigen, die sich unter anderem auch im Verhalten der Tiere zeigen. Und auch persönliche Zuchtziele kommen noch hinzu. Letzendlich sind es oft viele Ziele, die ein Züchter erreichen möchte. Doch sollte man sich immer in den Zuchtzielen beschränken und eine Auswahl unter den erstrebten Zielen treffen. Dies noch in eine Reihenfolge gebracht gewährleistet, dass man sich nicht verzettelt.

Der Weg der Zucht ist steinig und mühsam. Es reicht eben nicht, nur zwei gute Tiere miteinander zu verpaaren. Vielmehr muss ein Züchter auf der Basis eines Zuchtplanes arbeiten, in welchem er seine Zuchtziele definiert, diese Ziele nicht aus den Augen verliert und die gesamte Zuchtarbeit diesen Ziele unterordnet. Welche generellen Ziele gibt es nun? Neben den im Standard genannten Zielen (Rasseideal) wie Gewicht, Größe, Körperbau, Form, Fell, Farbe sind durch den Züchter auch Gesundheit, Vitalität, Verhalten, Fortpflanzung und Aufzuchtleistung als Ziele zu berücksichtigen. Denn was nutzt das schönste Tier wenn z. B. nur ein Nachkomme im Wurf ist.

Wie erreicht und überprüft man diese Ziele? Neben der ganzen Arbeit am Stall gehören jede Menge Erfahrungen dazu wie z. B. die genaue Kenntnis über jedes Einzeltier im Stall und seiner Eigenarten; die Beurteilung der Tiere nach optischen Erscheinungsbild (Standard) und genetischen Eigenschaften (Erbwert) und eine konsequente Auswahl der Zuchttiere, wobei Tiere mit unerwünschten / unbefriedigenden Eigenschaften nicht zur Zucht genutzt werden. Aber auch „Büroarbeiten“ wie z. B. die Führung und Auswertung der für eine ordnungsgemäße Zuchtarbeit notwendigen Vordrucke (Zuchtmeldungen, Abstammungsnachweise, Leitungsnachweise usw.) sowie das Führen eines eigenen Zuchtbuches gehören dazu. Neben den eigenen Beobachtungen, Auswertungen u. ä. ist eine wichtige Bestätigung zu Fort- und Rückschritten in der Zucht, inbesondere bezüglich der Anforderungen an des Idealbild entsprechend dem Standard, die Bewertung im Rahmen einer Kaninchenausstellungen auf lokaler, Kreis-, Landes-, oder Bundesebene. Hier erhält der Züchter durch ausgebildete Preisrichter (besser Zuchtrichter) weitere Meinungen zu den
Vorzüge und Nachteile seines Kaninchen und kann diese dann ebenfalls für die weitere Zuchtführung berücksichtigen.

Noch ein Wort zum Zuchtbuch. Dieses ist besonders bei mehreren Tieren im Stall ein unverzichtbares Hilfsmittel für den Züchter. In diesem Buch sollten detailiert die Verwandtschaftsverhältnisse der eingesetzten Zuchttiere nachzuvollziehbar sein sowie alle positiven und negativen Eigenschaften der Zuchttiere und der Nachzucht festgehalten werden. Dabei sollten auch Anmerkungen über Fruchtbarkeit, Aufzuchtsverhalten, Gesundheit, Widerstandsfähigkeit und Fressverhalten nicht fehlen.